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Digitalisierung und Distance Learning - aus der Praxis für die Praxis - Es gibt kein Allheilmittel.

Aktualisiert: 11. Aug. 2020

Die vergangenen Monate habe ich Unterricht für meine dritte Klasse mit Hilfe eines Distance Learning Konzepts (siehe: https://medienfuerbildung.com/das-digitale-klassenzimmer-ein-proj) sichergestellt. Dies konnte gelingen, weil ich zum einen meine Privatgeräte nutzte und zum anderen tatkräftige Unterstützung von Eltern hatte. Jedoch kann auf Dauer ein digitales Arbeiten mit diesen Voraussetzungen nicht sichergestellt werden. Auch ist das digitale Klassenzimmer kein Allheilmittel für jede Schule, jede Lehrkraft und jede Schülerschaft.


Nachfolgend zeige ich Gründe, Gelingensbedingungen und Hürden auf:

  • Es ist nicht zumutbar, dass Lehrkräfte ihre privaten Endgeräte und technische Ausstattung für schulische Zwecke nutzen Daher muss sichergestellt werden, dass diese auf Dauer zur Verfügung gestellt werden. Bisher habe ich alles Notwendige selbst finanziert, sowohl die technische Ausstattung, als auch Fortbildungskosten sowie die Homepage bezahlt und unterhalten.

  • Es ist nicht zumutbar, dass SchülerInnen und Eltern ihre privaten Endgeräte und technische Ausstattung nutzen. Daher muss sichergestellt werden, dass diese auf Dauer zur Verfügung gestellt werden. Bring you own device fördert Diskiminierung und Ausgrenzung, da nicht alle Eltern die gleichen Bedingungen herstellen können. Leihgaben könnten beispielsweise eine Lösung sein, ähnlich dem System einer Bücherei. Aber auch diese müssen zunächst erst angeschafft werden, da es in hessischen Schulen keine Ausstattung dafür gibt.

  • Lehrkräfte müssen die Möglichkeit zur Weiterbildung und Ausbildung erhalten. Bisher habe ich mir das Wissen vollständig in meiner Freizeit und auf eigene Kosten angeeignet. Dies ist dauerhaft weder finanziell noch zeitlich zu gewährleisten und kann auch nicht erwartet werden.

  • Es muss evaluiert werden, welche Lehrkräfte bereits Expertise mit digitalem Lernen und dem Einrichten eines solchen Konzepts erlangt haben. Diese Lehrkräfte sollten zentral in den jeweiligen Bundesländern in einer Liste "gesammelt" sein und bei Bedarf abrufbar für Schulen sein, die Unterstützung benötigen.

  • Eltern und SchülerInnen sollten vom ersten Tag der Schulpflicht des Kindes im Bereich des digitalen Lernens umfassend informiert und ausgebildet werden. Dafür müssen auch die Schulen entsprechend ausgestattet sein. So kann auch sichergestellt werden, dass beispielsweise Elternabende digital stattfinden.

  • Netzwerke müssen, sowohl für den Austausch von Konzepten als auch für Lehrvideos und -materialien als auch für die Einrichtung der Technik gebildet werden. Nur so ist sicherzustellen, dass die Arbeit nicht von unterschiedlichen Lehrkräften mehrfach erledigt werden muss. Ressourcen werden geschont oder sinnvoll verteilt.

  • Expertenteams in den Schulen sammeln und koordinieren Ressourcen und stehen für Beratung und Unterstützung zur Verfügung.

  • Digitales Lernen ist kein Selbstläufer, es bedarf umfassendem Wissen, um pädagogisch sinnvolle Konzepte daraus zu entwickeln. Dieses Wissen muss innerhalb der Dienstzeiten vermittelt werden, nur so ist sicherzustellen, dass den SchülerInnen auch Nötiges gelehrt wird.

  • Sprachliche Hürden und auch der Mangel an Vertrauen ins Bildungssystem müssen Berücksichtigung finden. Daher ist es durchaus möglich, dass man für Kinder, welche keinerlei oder unzureichende Unterstützung erfahren, Unterricht in der Schule sicherstellen muss. Auch dies sollte in festen Kleingruppen geschehen. An manchen Schulen ist ggf. aufgrund der Zusammensetzung der Schülerschaft oder aufgrund mangelnder technischer Ausstattung digitales Lernen nicht möglich. Auch hierfür muss eine Lösung gefunden werden.


Was für den einen "Medizin und heilend" ist, ist für den nächsten giftig und gefährlich. Es gilt abzuwägen, für welche Schule und Schülerschaft, welche Konzepte die richtigen sein können. Ein Allheilmittel gibt es für Bildung ebensowenig wie für Gesundheit. Der Erfolg ist geknüpft an die jeweiligen Akteure und Bedingungen. Daher sind Vergleiche untereinander ebenso wenig geeignet wie Vergleiche innerhalb einer Klasse. Die Herausforderung besteht darin, das jeweilige Mittel für den jeweiligen Menschen, die jeweilige Schülerschaft und Schule zu finden. Mir ist klar, dass dies nicht einfach ist, aber gemeinsam lassen sich Wege finden.


Ihre Frau Stricker



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