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Das "digitale Klassenzimmer" - Ein Modellversuch

Aktualisiert: 21. Mai 2020


Update: Der Modellversuch hat seit 08.04.2020 einen eigenen Menüpunkt auf meiner Homepage, daher wird der Blogbeitrag nicht mehr aktualisiert. Hier gelangen Sie zur Projektvorstellung.


Zeitlicher Rahmen:

15.03.2020 - aktuell

Start des Projekts: 

15.03.2020

Teilnehmende:

Kinder einer Klasse 3 der Grundschule (bisher 13  von 15 Kindern) und ihre Klassenlehrerin

Veröffentlichung der Homepage: medienfuerbildung.com 25.03.2020

Öffnung des Klassenzimmers: 

30.03.2020

Bisherige Erfahrungen: 

1 Woche täglicher Unterricht mit einer dritten Klasse

tägliche Onlinezeit: 

9.50 Uhr - 13.30 Uhr

Team:

Christiane Stricker (Grundschullehrerin: Mathematik, Deutsch, Sport sowie Rettungsassistentin) und ihre SchülerInnen

zugehörige Publikation: 

Das Digitale Klassenzimmer - Ein Projekt

Inhaltsangabe:


  • Zusammenfassung


  • Zitate von SchülerInnen und Eltern

  • Kurzfassung Projektvorstellung

  • Begründung des Projekt​s

  • Nachtrag


  • Tagebucheinträge Tag 1 - 5

  • Pro und Kontra Liste (kriterienorientiert an 6 Kompetenzbereichen der digitalen Welt) ​

  • Ablauf eines Vormittags im digitalen Klassenzimmer

  • Projekt DigiBits

  • Wie starte ich das digitale Klassenzimmer?


  • Ausblick

update Namensänderung 03.04.2020 : Aus "virtuell" wurde "digital" - ich finde diesen Begriff passender...

Zusammenfassung:

Distance Learning funktioniert auch bei GrundschülernInnen. SchülerInnen, Eltern und ich sind begeistert, die Kinder sind hochmotiviert und "voll dabei" - 100 % Begeisterung auf allen Seiten - es ist ein wunderbares Projekt - lassen Sie sich inspirieren und mitnehmen auf eine Reise, an die ich bis vor wenigen Tagen nicht geglaubt habe.

Zitate von SchülernInnen:

"Frau Stricker, können wir das in den Ferien auch weitermachen?"

"Frau Stricker, müssen wir schon aufhören?"

"Frau Stricker, darf ich im Chat bleiben und euch weiter zuhören und mitmachen?"

"Frau Stricker, können wir das auch weitermachen, auch wenn die Schule wieder normal weitergeht?" "Frau Stricker, darf ich länger bleiben, hast du noch eine Aufgabe?"

"Frau Stricker, sehen wir uns hier in den Ferien?"

"Danke, dass du für uns da bist."

"Cool, ist ja fast wie in der Schule, nur besser, weil, da habe ich keinen eigenen Computer."

"Frau Stricker, Computer bedienen ist doch ganz leicht."

"Gut, dass du uns gezeigt hast, warum google nichts für Kinder ist, jetzt weiß ich wo ich gucken muss, wenn ich Fragen habe - auf den Kinderseiten - oder über deine Homepage."

"Können wir uns auch am Wochenende verabreden?"

Zitate von Eltern:

"X hat sich auch gefreut, viele zu sehen und zu sprechen."

"Mein Sohn fand´s auch super."

"X war auch dabei. Auch x hat es viel Spaß gemacht."

"Wir sind sehr froh an dem Projekt "virtuelles Klassenzimmer" teilnehmen zu dürfen. Wir empfinden es als große Bereicherung in dieser schwierigen Zeit."

"Wir finden das virtuelle Klassenzimmer toll und x freut sich, dass x seine Mitschüler und seine Lehrerin sieht!"

"X (und auch wir) findet das virtuelle Klassenzimmer super und wir als Eltern befürworten die Einrichtung und tägliche Nutzung der Videotelefonie."

"Wir empfinden das virtuelle Klassenzimmer als Bereicherung und befürworten die Fortsetzung des Pilotprojektes."

"Läuft das in den Ferien weiter? Ich finde es eine tolle Sache."

Mein Projekt: (Kurzfassung)

Am Montag, den 30.03.2020, startete das virtuelle Klassenzimmer. 

Warum startete ich dieses Projekt, obwohl ich mit voller Überzeugung Grundschullehrerin in realen Klassenräumen bin?

Eine Vielzahl von Fragen und Hilfegesuchen brachten mich auf die Idee, eine neue Form des Miteinanders zu schaffen. Durch die Schulschließungen wurden wir alle (Lehrkräfte, Eltern, SchülerInnen, Schulämter, Ministerien usw.) gezwungen umzudenken. Dennoch bleibt uns Lehrkräften die Verantwortung für unsere SchülerInnen. Wie kann man ihnen trotz des fehlenden Klassenraumes eine Möglichkeit des Austauschs und des Miteinanders bieten? Wie kann man Unterricht und pädagogische Begleitung gestalten, wenn man sich nicht real sehen kann? Wie kann man Eltern entlasten, die arbeiten müssen und sich auf unser funktionierendes Schulsystem verlassen?

Ich begab mich also auf die Suche nach Antworten. Durch mein Schulmanagement Studium an der TU Kaiserslautern konnte ich Erfahrungen im Bereich der Medienpädagogik sammeln. Daher lag es nahe, mich in diesem Bereich umzuschauen. Zunächst schuf ich meine Homepage, welche ich mit Wissensangeboten füllte und stets weiter füllen werde, so dass ich auf einen Pool an Aufgaben zurückgreifen kann, die ich für GrundschülerInnen als sinnvoll erachte. Diese Homepage diente zunächst als Basis. Einige Eltern nahmen dieses Angebot rasch an, doch ich erreichte mit diesem Medium am ersten Tag nur 7 von 15 meiner SchülerInnen (oder sollte ich anders herum denken: Bereits am ersten Tag schon fast die Hälfte meiner SchülerInnen?). Es war mir jedenfalls nicht genug. Eltern trugen vielfältige Fragen an mich heran und es kristallisierte sich der Wunsch heraus, sowohl von Seiten der Eltern, als auch der SchülerInnen, in den direkten Austausch mit mir gehen zu können, so wie sie es auch sonst gewöhnt sind. In Kooperation mit einem Vater aus meiner Schule, dessen Kind nicht zu meiner Klasse gehört und welcher sich dennoch für mein Projekt einsetzt, entstand die Idee des Digitalen Klassenzimmers. Ich bekam ein Medium an die Hand: jitsi. Dieses testete ich auf unterschiedlichen Wegen und mit unterschiedlichsten Personenkreisen. Nach erfolgreichen Testläufen konnte das freiwillige Digitale Klassenzimmer starten. Aber warum spreche ich von einem freiwilligen Angebot? Ich möchte keine Barrieren aufbauen, sondern überwinden. Ich bin absolut begeistert von dieser Chance, mit den Schülern und Eltern in Kontakt zu treten. Ich denke, dass in einem virtuellen Klassenzimmer stattfinden kann, was Schüler und ggf. auch Eltern aktuell dringend benötigen: Kontakt und Austausch und vielleicht auch ein wenig Entlastung für die Eltern, da sich bei einigen Kindern Unausgeglichenheit einstellt und die sozialen Kontakte definitiv fehlen.

Klar, mit Blick auf Barrieren, ist, dass ich nicht sofort für alle SchülerInnen auf diese Weise da sein kann. Hier schuf ich zunächst andere Zugänge: Telefonkontakt, Email, Blogbeiträge auf meiner Website, welche smartphonekompatibel sind. Wenn ich mein virtuelles Klassenzimmer nicht anbiete, nur weil ich nicht alle erreichen kann, benachteilige ich gleichzeitig alle Kinder, nicht zuletzt auch die, deren Elternhäuser die Voraussetzungen aktiv schaffen und umsetzen und die sich explizit diese Form der Kommunikation wünschen. Das sind alles Überlegungen, die ich in meine Angebote mit einfließen lasse. Haben Sie Vertrauen, dass ich mit Professoren aus Inklusionspädagogik und Medienpädagogik vernetzt bin und allseitig an diesem Projekt arbeite, mit allen Facetten, die dazu gehören können, sollen und müssen. Es ist erst der Beginn der Reise auf dem Weg des Distance Learning für GrundschülerInnen. Dieses Projekt zu evaluieren und zu professionalisieren ist mein oberstes Gebot. Selbstverständlich liegen mir die Einverständniserklärungen aller Teilnehmenden vor. Ich danke den Eltern für ihr Vertrauen und ihre wunderbaren Kinder. Danke an meine Klasse. Ihr seid spitze.


Begründung des Projekts


Mein Projekt entstand aus dem Wunsch, einen Raum für meine SchülerInnen und mich zu schaffen, in welchem es Austausch und Miteinander und gemeinsames Lernen geben kann. Zunächst kreierte ich meine Homepage - eine Art Lernplattform für SchülerInnen, Eltern und Interessierte. Es gibt Wissenwertes für Eltern, aber auch einen Blog, welcher Lernangebote für SchülerInnen bereitstellt. Die Wissensangebote wurden sehr schnell angenommen. Jedoch stellte sich heraus, dass meine SchülerInnen sich auch nach Austausch mit mir sehnten und zwar nach einem Austausch, welcher für sie selbstständig umzusetzen ist. Hieraus entstand die Idee des virtuellen Klassenzimmers. Das virtuelle Klassenzimmer ist im Grunde ein Videochatraum, dessen Kennung nur meinen Schülerinnen und ihren Eltern bekannt ist und von welchem ich Administrator bin. So kann ich auf jedwede Störung aktiv reagieren und intervenieren. Täglich bin ich für ca. 3 1/2 Stunden live in diesem "digitalen Raum". Die SchülerInnen treffen sich mit mir in einem Morgenkreis, wir besprechen Aufgaben, stellen Fragen und im Anschluss an den Vormittag reflektieren wir im Rahmen einer Abschlussbesprechung diesen und sichern Lerninhalte. Ich stelle den Kindern Zeiten in Kleingruppen oder Einzelchats zur Verfügung, wo auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden kann. Innerhalb von nur drei Tagen erreichte ich mit diesem Klassenraum 13 von 15 Schülern. In meine Vorüberlegungen ließ ich mit einfließen, dass es große Hürden technischer Art geben könnt. Daher habe ich eine smartphonekompatibel Lösung gesucht. Auch meine Website ist hierauf konzipiert. Diese Kriterien lagen mir sehr am Herzen, um möglichst für alle Kinder auf diese Weise zur Verfügung stehen zu können, da alle Elternhäuser meiner SchülerInnen über Mobiltelefone verfügen.


Tagebuch:


Tag 1 - Virtuelles Klassenzimmer

Heute startete ich mit meiner dritten Klasse das virtuelle Klassenzimmer. 7 von 15 Kindern nahmen spontan am Projekt teil. Es gab eine Vielzahl von "technischen Herausforderungen", die sich aber sehr schnell gemeinsam beheben ließen. Die Kinder erschlossen sich die Technik unglaublich schnell. Es ist faszinierend, wie intuitiv der Umgang für Kinder zu sein scheint.

Ich fertigte eine Pro und Kontra Liste an (unter Berücksichtigung der 6 Kompetenzbereiche der digitalen Welt), da mir zu jedem Zeitpunkt Lernzuwachs, Evaluation und Weiterentwicklung wichtig ist. Es ist ein Pilotprojekt. Auch nach intensiver Recherche habe ich kein vergleichbares Projekt in meinem Umfeld finden können. Daher verfolge ich zum Projekt selbst noch zwei weitere Ziele: Den Austausch mit anderen, die Ähnliches tun und die Verbreitung meiner Idee für diejenigen, die ebenfalls daran Interesse haben. Hier stehe ich gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.


Pro und Kontra Liste des ersten Tages

Pro:

  1. Anknüpfen an realen Unterricht möglich: Fragen stellen und Antworten geben, Vertiefung von Inhalten, Erschließung neuer Themen (6.2 Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektieren) mit Hilfe medialer Unterstützung, individuelle Zuwendung im Einzelchat oder in kleinen Gruppen möglich.

  2. Abläufe, die Schüler aus dem Unterricht kennen, bewähren sich im Chat: bspw. Morgenkreis zur Tagestransparenz - Regeln, ähnlich wie im Sitzkreis aus dem Unterricht (2.4 Umgangsregeln kennen und einhalten) selbstständiges Erarbeiten von Inhalten nach einer gemeinsamen Einführung, Reflexion über Lernerfolg und Hürden, Besprechung von Lösungsmöglichkeiten

  3. Austausch mit Schülern und Eltern ähnlich dem realen Unterricht: Klärung individueller Fragen, Desktopsharing durch Lehrkraft ermöglicht Unterstützung jeglicher Art, z.B. Erklärung meiner Webseitenfunktionen und Möglichkeiten sowie Hilfe bei technischen Herausforderungen (5.1 Technische Probleme lösen)

  4. Schüler vernetzen sich im Chat: der Austausch der Schüler untereinander ist gewährleistet, die sich seit Tagen nicht gesehen haben und mit Hilfe des Videochats sehen können (2.1 Interagieren mithilfe verschiedener Kommunikationsmöglichkeiten: Videochat, Chat, Email)- psychologisch, emotionale Vorteile - Gemeinsamkeitsgefühl - wir sind hier als Klasse zusammen (2.5 An der Gesellschaft aktiv teilhaben).

  5. Hilfreich ist die Nutzung einer Lernplattform - ähnlich meiner Homepage -, die in das virtuelle Klassenzimmer eingebunden werden kann. Es können, um einige Beispiele zu nennen: Aufgaben gestellt (1.1 Suchen und Filtern) , Aufgaben auf die Bildschirme projeziert werden (2.2 Teilen von Dateien, Informationen und Links), Filme gezeigt, Hörspiele gespielt, diktiert, oder es kann sogar das Tandemlesen umgesetzt werden. Man kann mit den Kindern Aufgaben vergleichen, Aufgaben gemeinsam besprechen (1.3 Auswerten und Bewerten sowie 1.3 Speichern und Abrufen), Probleme klären (3.3 Rechtliche Vorgaben beachten), vor allem in Bezug auf die Bedeutung von Urheberrecht und geistigem Eigentum sowie das Beachten der Persönlichkeitsrechte und im Grunde den bekannten Unterricht aus der Schule fortsetzen.

Kontra:

  1. technische Ausrüstung nicht bei allen vorhanden - Abhilfe jedoch durch Mobiltelefone möglich, die den größten Teil der Funktionen übernehmen können, so sollten fast alle Kinder erreicht werden können

  2. Es bedarf einer Struktur, einem Zeitplan, um sich mit den Schülern zu verabreden, um allen gerecht zu werden (Ich habe diesen Punkt bei Kontra aufgenommen, da es zunächst eine Hürde ist. Es lässt sich aber schnell Abhilfe schaffen, wenn man beispielsweise einen Zeitplan (siehe mein Beispiel) erstellt.)

Fazit:

Distance Learning steckt in unseren Schulen noch in den "Kinderschuhen". Es ist vielfältiges Potential erkennbar, daher lohnt sich jede Form der Anstrengung für die Kinder und ihre Bedürfnisse.

Die zwei wichtigsten Bedürfnisse aktuell sind der Austausch und das Miteinander. Beides findet sich im virtuellen Klassenzimmer. Vielleicht kann es auch punktuell eine Entlastung für die Eltern sein, da sie in der Zeit des virtuellen Unterrichts ihre Kinder alleine mit ihrer Lehrkraft arbeiten lassen können, ohne sich permanent kümmern zu müssen. Das hingegen können nur die Eltern selbst beantworten. Die Voraussetzung hierfür ist eine funktionierende technische Ausstattung.

Danke an alle Eltern, die es ihren Kindern ermöglichen diesen Weg mit mir zu gehen. Wir bewegen uns in deutschen Grundschulen in Bezug auf Distance Learning noch auf Neuland, in anderen Ländern ist diese Form des Unterrichts bereits gängige Praxis. Lernen wir von anderen, teilen Erfahrungen und kommen miteinander weiter, für unsere Schülerinnen und deren Zukunft in einer digitalisierten Welt.


Auch heute bin ich wieder auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Erzählen Sie mir, was ihr Kind zum heutigen virtuellen Klassenzimmer berichtet hat. Wie war es für ihr Kind, für Sie als Eltern? Ich danke für das Feedback, das ich erhalten habe. Es war durchweg positiv. Das freut mich sehr, denn so erhalte ich Bestätigung für die sehr zeitintensive Arbeit, die es bedarf, um für die Schüler auf diese Art und Weise da sein zu können.

Tag 2 - Virtuelles Klassenzimmer

Die schlimmsten Hürden wie z.B.: "Welchen Knopf muss ich drücken?" "Wo ist das was, das Browserfenster?" "Bei mir geht das nicht... Ich höre nichts." "Ich kann nichts sehen...." "Was ist ein Blog?" uvm. sind bei den meisten überwunden. Die Kinder werden zunehmend selbstständiger im Umgang mit der Technik.

Ab morgen beginne ich mit einem Morgenkreis und einer gemeinsamen Startaufgabe, die an alle Kindern gerichtet sein wird. Daran anschließend erkläre ich den Kindern im Einzelunterricht noch vorhandene technische Hürden, oder ich treffe mich mit den Schülern in Kleingruppen zum individualisierten Austausch. Ich habe einen Plan erstellt, wann welche Kinder online sein sollen. Zum Ende der Onlinezeit treffen sich nochmals alle zum Tagesabschluss. Wir werden klären, ob sie mit ihrer Aufgabe gut zurechtgekommen sind, ob es Fragen oder Probleme gab und wie wir morgen weiter arbeiten werden. Durch meinen Plan erhoffe ich mir sicherzustellen, dass ich für alle Kinder Zeit habe und auf individuelle Bedürfnisse eingehen kann. Morgen evaluiere ich meinen Unterricht erneut und werde weitere Verbesserungen vornehmen. Die Kinder durften sich heute Partner für ihre Onlinezeit wünschen, da sie sich im Anschluss an das gemeinsame Arbeiten mit ihrem Wunschpartner unterhalten dürfen. Es hat sich gestern und heute gezeigt, dass dies in der Isolation, in der sich die Kinder aktuell befinden, als sehr hilfreich für den Sozialkontakt erweist. Die Kinder hatten großen Spaß am Austausch untereinander und mit mir und waren sehr motiviert. Die Aufgaben aus meinem Blog erweisen sich als hilfreiche, vielleicht sogar notwendige Unterstützung während des Onlineunterrichts, deshalb werde ich morgen und in den kommenden Tagen weitere Blogeinträge verfassen, um auf einen Pool an Aufgaben zurückgreifen zu können.

Ehrlicherweise, vielleicht aber auch weil ich noch keine Erfahrung mit dieser Form des Unterrichts habe, ist es sehr anstrengend. Aus diesem Grund kann ich Lehrkräfte verstehen, die sich der Thematik eher zögerlich nähern oder sogar eine ablehnende Haltung zeigen.Ich denke aber, dass es einfacher wird, wenn man Routine bekommt und auf Erfahrungen von Lehrkräften zurückgreifen kann, die sich bereits auskennen und als Multiplikatoren eingesetzt werden. Morgen wird es weitergehen, dann werde ich wieder berichten.


Tag 3 - Virtuelles Klassenzimmer

13 von 15 Schüler waren online - sind die Barrieren wirklich so groß wie manche befürchten? Mir erscheint es umsetzbar, zumal ich in meine Vorüberlegungen habe mit einfließen lassen, dass alle Eltern meiner Klasse über Mobiltelefone verfügen und daher die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Meine Schüler waren heute hoch motiviert, alle haben ihre Aufgaben, die ich während des Chats besprochen habe, erledigt und mir im Abschlusskreis vorgezeigt oder per Email zugesandt. Dies motiviert mich sehr, mein Projekt weiter voranzubringen. Wenn man tatsächlich nach dem Arbeitsaufwand schaut, muss ich feststellen, dass dieser seit Schulschließung 7 Tage die Woche bei 15 - 18 Stunden liegt. Zukünftig werde ich diese Intensität selbstverständlich nicht aufrecht erhalten können. Aber für den Anfang erschien es mir nötig, schnell eine Möglichkeit des Miteinanders zu schaffen.

Fazit des Tages:

Bei einer großen Anzahl sich gleichzeitig im Chat befindlicher Kinder ist es nötig, dass die Teilnehmer sich auf "stumm" schalten, solange sie nicht sprechen, denn ansonsten können sehr unangenehme Störgeräusche entstehen. Die Schüler lernten heute die Meldefunktion kennen: wer etwas sagen möchte, meldet sich. Dies ist ein den Schülern bekanntes Ritual. Ich kann darauf zurückgreifen, weil ich in der realen Unterrichtszeit auf dieses Verhalten achte, um respektvolles, achtsames Miteinander zu gewährleisten. Auch, vielleicht sogar noch mehr als im realen Klassenraum ist freundlicher, respektvoller Umgang nötig. Es bedarf Disziplin, sich zurückzunehmen und zu warten bis man an der Reihe ist. Auch bedarf es von den Kindern die Fähigkeit, Instruktionen anzunehmen und umzusetzen.

Es zeigen sich weitere Hürden, die nicht im Miteinander von Eltern, Schülern und mir zu suchen sind. Auf diese möchte ich hier aus vielerlei Gründen nicht eingehen. Nur so viel: Es verlangt Rückgrat und Durchhaltevermögen auf dem Weg der Neuerung, denn es ist mit viel Gegenwind zu rechnen, dem es standzuhalten gilt. Das kostet viel Energie, die ich gerne für mein Projekt, anstatt dagegen einsetzen möchte.


Tag 4 - Virtuelles Klassenzimmer

Auch heute schreibe ich weiter fleißig Tagebuch zu meinen Erfahrungen im virtuellen Klassenzimmer. Ich berichte über Gelungenes und Verbesserungswürdiges sowie das Überwinden technischer Hürden. Über die Struktur meines "Unterrichts" werde ich ebenfalls schreiben, denn ich denke, dass dies für andere, die gleiches tun, vielleicht hilfreich sein könnte. Warum gibt es in meinem "Virtuellen Klassenzimmer" eine Struktur? Wie im realen Klassenraum so auch im virtuellen, benötigen die Kinder einen strukturierten Ablauf. Das gibt Sicherheit und verhilft zu einem geregelten Ablauf. Welcher Struktur folge ich? Die Eltern erhalten von mir am Tag zuvor einen Zeitplan, aus welchem sie ersehen können, wann sich ihr Kind einloggen soll, um am Chat teilzunehmen. Alle Kinder loggen sich zunächst für einen gemeinsamen Einstieg ein. Im Folgenden stelle ich einen Vormittag exemplarisch dar:


Ablauf eines Vormittags im "Virtuellen Klassenzimmer":


"Digitaler Morgenkreis“: Zieltransparenz und Einführung des Tagesthemas

Ich stelle den Kindern den Ablauf des Unterrichtstages vor. Im Anschluss besprechen wir ein gemeinsames Einstiegsthema - heute war das: Wie fühle ich mich heute. Ich nutze hierfür vielfältige mediale Unterstützung, heute waren das Gefühlskarten, die ich per Screensharing allen Kindern auf ihre Geräte duplizierte.

Aufgabe im Plenum für alle: Vermittlung von Inhalten

Die Aufgabe erledigen die Kinder im Anschluss an meine Erklärung in Einzelarbeit zu Hause, gemeinsam mit mir in Kleingruppen oder im Eins-zu-Eins-Chat.

Heutige Aufgabe:

Schaue dir den Mathematikfilm: Die rätselhafte Zahlenjagd von Löwenzahn an.

Folgende Fragen galt es zu beantworten:

Welche Matheaufgaben kommen im Film vor?

Wie wurde das Rätsel gelöst?

Schreibe die Aufgaben auf. Kannst du sie lösen?

Einzelchats oder Kleingruppen - individuelle Förderung

Während dieser Zeit arbeite ich mit den Schülern individuell nach ihren Bedürfnissen. Das kann sehr unterschiedlich sein, ganz so wie in der Schule auch.

„Digitaler Abschlusskreis“: Sicherung von Inhalten

Wir sprechen über die Aufgaben, stellen Lösungswege vor und reflektieren über das statt gefundene Lernen am Vormittag.


Gelungenes:

Das Digitale Klassenzimmer ähnelt dem realen. Bisher, so bilde ich mir ein, konnte ich für jedes Kind individuelle Zeit aufbringen. Zum einen wird dies möglich sein, da ich die SchülerInnen mit ihren Stärken und Schwächen bereits aus dem realen Unterricht gut kenne, zum anderen liegt es daran, dass ich individuelle Chatzeit vergebe, ganz nach den jeweiligen Bedürfnissen des Kindes. Manche profitieren von Zeit mit mir alleine, andere brauchen den Austausch mit ihren Mitschülern. Die Kinder können sich gegenseitig Aufgaben erklären, sich miteinander beratschlagen und gemeinsam Lösungswege finden - eben ähnlich wie im realen Klassenraum auch.

Der strukturierte Vormittag mit meinem vorgegebenen Zeitplan erweist sich als geeignetes Mittel, um Lerninhalte zu vermitteln, Lösungswege zu finden und zu reflektieren.



Technische Hürden:

Es ist aus mehreren Gründen nötig, täglich den Klassenraum über jitsi neu zu generieren. Hieran muss man denken, ansonsten kann man sich nicht mehr einloggen und das stört den Ablauf, verunsichert die SchülerInnen und lässt die Planung scheitern.

Evaluation: Jeder Unterrichtstag wird von mir evaluiert. Dies geschieht zum einen durch mich selbst, zum anderen erhalten die Eltern und Kinder täglich die Möglichkeit Verbesserungsideen, Wünsche oder Anregungen zu äußern. Meine Erfahrungen und die von Eltern und Kindern lasse ich in meine Weiterarbeit für den nächsten Tag einfließen. So ist sichergestellt, dass Fehler behoben werden und Verbesserungen greifen können.



Projekt "DigiBits - Digitale Bildung trifft Schule

Heute habe ich mich mit den fünf Prinzipien für den sicheren digitale Unterricht des gemeinnützigen Vereins "Deutschland sicher im Netz" beschäftigt. Der Verein steht unter der Schirmherrschaft von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Das Projekt "DigiBits - Digitale Bildung trifft Schule" hat anlässlich der bundesweiten Schulschließungen zur Eindämmung des Coronavirus Lehrerinnen und Lehren aktuelle Tipps und Empfehlungen zur sicheren digitalen Unterrichtsgestaltung gegeben. Auf diese fünf Prinzipien möchte ich kurz eingehen, da meine Vorüberlegungen zu meinem Projekt diesen sehr ähnlich waren.

1. Lernplattformen der Schulbehörde oder der Medienzentren der Länder nutzen.

Ich habe meine eigene Lernplattform/Blog (medienfuerbildung.com) erstellt, damit gewährleistet ist, dass die Inhalte pädagogisch durchdacht und geprüft sind. Dies muss nicht jeder Lehrer tun, dient aber dazu, sicherzustellen, dass die SchülerInnen nur mit kerncurriculakonformen Inhalten konfrontiert werden. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass Lehrkräfte auf bereits existierende Lernplattformen der Schulbehörde zurückgreifen. In Hessen ist das für Grundschüler beispielsweise: Mauswiesel. Mir war es wichtig, dass ich mich selbst, wie auch während der Präsenzschule, mit den zu vermittelnden Lerninhalten und Aufgabenformaten und -stellungen beschäftige. Deshalb ist mir mein Blog mit den Aufgaben für die SchülerInnen auch so wichtig. Mir ist klar, dass nicht jeder Lehrer über die Fähigkeit verfügt, sich eine eigene Lernplattform zu schaffen. Es wird zukünftig auch nicht nötig sein, wenn es uns jetzt gelingt gute, pädagogisch sinnvolle Lernplattformen zu schaffen und flächendeckend zu verbreiten. Dazu ist jetzt dringend nötig, sich zu vernetzen und die Erfahrungen, die jetzt alle in diesem Bereich sammeln, zu einem Wissen zusammenzufügen. Ich habe mir dieses Wissen mithilfe meines Masterstudiengangs: Schulmanagement und autodidaktisch erarbeitet, vernetze mich mit Wissenschaftlern, suche mir professionelle Unterstützung und lerne täglich dazu. Gerne stehe ich als Multiplikatorin zur Verfügung.

2. Lernmanagementsysteme (LMS)

Meine Homepage dient als Lernmanagementsystem. Es wäre auch denkbar Moodle oder ähnliches einzusetzen. Zukünftig könnte es sinnvoll sein den Schulen ein einheitliches System zur Verfügung zu stellen, damit nicht jeder das Rad neu und selbst erfinden muss. Dies dient der Ressourcenschonung und schützt vor Überforderung in jeglicher Hinsicht.

3. Datenschutz beachten

Dieser Punkt liegt mir besonders am Herzen. Gerne stehe ich für datenschutzrechtliche Fragen zur Verfügung. Meine SchülerInnen müssen zu keiner Zeit Informationen (Email, Anschrift, Telefonnummer) über sich preisgeben, um mit mir in Kontakt zu treten. Dies gewährleistet die Wahrung des Datenschutzes. Die Eltern sind umfassend informiert und zudem habe ich das Einverständnis aller Eltern zur Beteiligung ihrer Kinder.

4. Werbefreiheit gewährleisten

Ich nutze keine kommerziellen Tools. Ich möchte Werbefreiheit sicherstellen, auch dies ist ein Grund für meine selbst erstellte Homepage.

5. In-App-Käufe beachten

Da ich lediglich zwei Apps nutze, die meiner Homepage (Wix) und die von Jitsi, ist sichergestellt, dass es keine Kostenfallen gibt. Beide Anbieter sind kostenfrei.


Für weitere Informationen können Sie sich gerne auf der Seite von Deutschland sicher im Netz und News4teachers informieren. Klicken Sie auf die jeweiligen Institutionen, sie gelangen direkt zu deren Homepages.

Für heute verabschiede ich mich aus meinem Tagebuch. Viel Freude beim Lesen. Ich freue mich über jegliche Form des Feedbacks.


Tag 5 - Digitales Klassenzimmer

Der fünfte Tag des online Klassenzimmers neigt sich dem Ende. Die wichtigste Neuerung des Tages ist meine Begriffsänderung: aus virtuell wird digital. Ich finde es passender mein Projekt als "Digitales Klassenzimmer" zu bezeichnen. Daher habe ich heute die Umbenennung vorgenommen.

Was gibt es zu berichten? 13 von 15 Schülern nahmen mein Angebot in Anspruch. Mein "digitales Klassenzimmer" stößt auf rege Beteiligung. Ich bin stolz auf meine SchülerInnen, die in wenigen Tagen ihre verwendete Technik sehr kompetent bedienten. Am vergangenen Montag waren alle SchülerInnen noch auf intensive Unterstützung angewiesen. Heute, gerade einmal 5 Tage später, waren fast alle Kinder alleine fähig, ihre individuelle Technik (Smartphone, Laptop, Tablet) zu bedienen. Es herrschte über alle Tage hinweg Disziplin und eine hohe Aufmerksamkeit. Störungen kamen so gut wie keine vor. Selbst das Grimassenschneiden, das zunächst für manche reizvoll war, hörte schnell auf. Meine Erfahrung zeigt, dass digitales und reales Klassenzimmer ähnliche Regeln benötigen. Ein paar wichtige Skills möchte ich an dieser Stelle nennen: Die Kinder müssen daran gewöhnt sein, sich zu melden, wenn sie etwas sagen möchten. Mithilfe meines genutzten Tools Jitsi ist dies problemlos möglich, da es eine Meldefunktion gibt. Die Stummschaltung muss beim allen Kindern aktiviert sein, solange sie nicht sprechen, um Störgeräusche zu minimieren. Wenn die Kinder aus dem Unterricht gewohnt sind, sich gegenseitig zuzuhören, dann gelingt es im digitalen Klassenzimmer auch. Falls Kinder stören, ist es für den Administrator mithilfe des Tools möglich, einzelne Kinder aus dem Chat zu verweisen, die sich selbstverständlich wieder einloggen können, aber schnell merken, dass es für die Klasse kontraproduktiv ist, wenn man sich so verhält. Dies sei nur am Rande erwähnt, da sich jede Lehrkraft ihre eigenen Strategien entwicklen wird, um ein sinnvolles Lernklima zu schaffen - ganz wie im realen Klassenzimmer auch.

Heute folgte mein digitales Klassenzimmer einem ähnlichen Ablauf wie dem gestrigen, da sich dieser bisher als bewährt erweist. Daher gehe ich auf diesen nicht besonders lange ein. Die Morgenbesprechung im Plenum diente der Thementransparenz für den Tag. Eine Feedbackrunde am Ende des Tages sicherte Lerninhalte und ermöglichte Fragenklärung. Die Zeit dazwischen nutzte ich für individuelles Lernen und Eingehen auf spezielle Bedürfnisse der Kinder. Die Möglichkeit sich auch außerhalb der von mir vorgegebenen Zeitplanung einzuloggen, falls sich Fragen ergeben, wurde von mehreren Kindern während des Vormittags in Anspruch genommen. Eine Zeitplanung für den nächsten Tag erstelle ich immer direkt im Anschluss an den Vormittag, um pädagogisch auf die Bedürfnisse der Schüler zu reagieren. Ich stelle sicher, dass jedem Kind ähnlich lange online Zeiten zugeteilt werden und achte auf passende Schülerkonstellationen (wie im realen Unterricht auch). Meinen digitalen Unterricht plane ich jeweils im Anschluss an die Präsenzzeiten (10.00 - 13.30 Uhr), hierbei überlege ich mir passende Lerninhalte und stelle geeignete Medien zusammen. So kann der darauffolgende Online - Tag beginnen.

Ich bin sehr erfreut über das positive Feedback der Eltern. Bisher habe ich 100 Prozent Zustimmung

erhalten (siehe Zitate von SchülernInnen und Eltern).


Wie starte ich eigentlich das "digitale Klassenzimmer" mit meiner Klasse?


Im Grunde ist der technische Background eine Videokonferenz. Die Schaltung dieser ist sehr einfach, es sind keine besonderen technischen Kenntnisse erforderlich.

Für meinen digitalen Klassenraum habe ich mich für den Einsatz der Videokonferenz-Software "Jitsi" entschieden: https://jitsi.org/

Jitsi bietet einige Vorteile, die es für den Einsatz an einer Grundschule besonders attraktiv machen:


* Jitsi ist ganz einfach zu bedienen!

* Es ist kein Konto und keine Registrierung erforderlich. Niemand muss Daten wie Name oder E- Mail-Adresse preisgeben

* Jitsi ist kostenlos

* Die Anwendung ist webbasiert - das Programm wird im Browserfenster ausgeführt. Es ist keine Software-Installation erforderlich.

* Jitsi ist ein etabliertes Open-Source Community Projekt mit vertrauenswürdiger Datensicherheit.

* optional ist eine App für alle gängigen Smartphones und Tablets verfügbar. Dies erhöht die Reichweite und ermöglicht auch Familien, die nur ein Smartphone oder Tablet und z.B. kein Notebook zur Verfügung haben, am Virtuellen Klassenzimmer teilzunehmen. Die Erfahrung zeigt,

dass jede Familie mindestens ein Smartphone hat.


Eine gemeinsame Konferenz kann gestartet werden, in dem mehrere Teilnehmer den gleichen Link aufrufen, beispielsweise https://meet.jit.si/MeineKlasseAnMeinerSchule, wobei der letzte Teil des Links frei wählbar ist.

"Google Chrome" oder "Chromium" sind besonders gut für diese Videokonferenz geeignete Browser. Chromium lässt sich kostenlos herunterladen: https://chromium.woolyss.com/download/de/


Internet-Anbindung:

Die Geschwindigkeit der Netzanbindung ist eher unkritisch, praktisch

jede kabelgebundene Anbindung ist geeignet. Vorsicht lediglich bei

Mobil-Tarifen, da die Videokonferenz je nach Tarif das Datenvolumen

erschöpfen könnte.


Rechner oder Smartphone?

Grundsätzlich genügt ein Smartphone als Endgerät, um an der Videokonferenz teilzunehmen. Am besten geeignet sind Notebooks, hier genügen auch ältere Modelle. Sofern kein Rechner vorhanden ist, kann bereits für geringes Geld ein gebrauchter Rechner beschafft werden.

Die Verwendung allzu alter Geräte kann zu schechter Bildauflösung und Ruckeln führen.